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27.08.2020

Museumssnack

Manche Objekte in unserem Museum sind so klein, dass sie recht unscheinbar daherkommen. Und doch erzählen sie die spannendsten Geschichten. So verhält es sich auch mit Striegel und Sporn, die unsere Ausstellung zur Stadtgeschichte einleiten. Zutage traten sie bei Ausgrabungen auf dem Gebiet des heutigen Altencelle. Beide datieren auf das 11. bis 13. Jahrhundert und sind damit beinahe 1000 Jahre alt. Die Silbereinlagen des Sporns weisen auf einen wohlhabenden Besitzer hin. Vielleicht einen mittelalterlichen Ritter? Der Striegel verweist auf die Existenz von Pferden, die es zu pflegen galt. Beide würde man eher auf einer Burg als in einer dörflichen Siedlung erwarten. Aber wessen Burg stand vor etwa 1000 Jahren in Altencelle an der Aller?

Die Brunonenburg! Viel einfacher als beim Celler Schloss handelte es sich hier nur um einen steinernen Turm mit einer Halle aus Holz, geschützt durch einen Erdwall. Aber sie war nicht unbedeutend. Denn schließlich lebten die meisten Menschen zu dieser Zeit noch in einfachsten Holzhäusern. Wer also in der Lage war, einen steinernen Turm in die Landschaft zu setzen, wollte damit ein Statement setzen. Hier bin ich! Ich bin hier der Stärkste und Bedeutendste! Ich habe das Sagen!

Viel ist über die Brunonen nicht bekannt. Sicher ist, dass ihr Vorfahre Liudolf I. in Westfalen von Karl dem Großen zum Grafen ernannt wurde. Niedersachsen liegt heute zu großen Teilen innerhalb dieses historischen Gebietes.

Liudolfs Gebiete wurden immer wieder im Norden von normannischen Stämmen, die wir heute als Wikinger kennen, unsicher gemacht. Gegen diese Bedrohung schützte Liudolf sein Gebiet mit Wallanlagen, wie einige auch um Celle gefunden wurden. Doch zum großen Showdown sollte es erst nach Liudolfs Tod kommen. Etwa im Jahr 880 sammelte sich ein großes normannisches Heer in Norddeutschland und zog plündernd südwärts in die Lüneburger Heide. Die Sachsen vereinten sich hinter der starken Person Brun, Liudolfs Sohn. Ihm kam nun die Aufgabe zu, die Sachsen als dux Anführer in die Verteidigung gegen die Wikinger zu führen. Noch im Jahr 880 stellte er die Wikinger an der Elbe in der Lüneburger Heide zu einer großen Feldschlacht – einem historischen Wendepunkt. Die Sachsen wurden vernichtend geschlagen, Brun selbst während der Schlacht getötet.
Während Bruns Bruder Otto erfolgreich dessen Nachfolge antrat und seine Nachfahren schon bald selbst den Kaiserthron bestiegen, verschwindet die Spur von Bruns Nachfahren für etwa 100 Jahre im Dunkel der Geschichte. Die Brunonen tauchen erst wieder um das Jahr 990 auf – bei Altencelle.
Sie blieben wohl auch nach Bruns Tod Grafen. Ihr Herrschaftsgebiet reichte entlang der Oker und Aller von Braunschweig bis an die Mündung der Fuhse in die Aller. Altencelle lag an der nördlichsten Spitze ihres Machtbereichs. Also kein Wunder, dass sie mit ihrer Burg hier, in einem Grenzgebiet, zeigen wollten, dass es sie gab und dass sie das Land um die Burg für sich beanspruchten. Die Brunonen waren nach der Schlacht im Jahr 880 stets damit beschäftigt, ihren Machtbereich gegen die aufstrebenden und immer einflussreicheren Kontrahenten zu verteidigen. Und hierbei zeigte sich der Wert der Burg bei Altencelle. Während große Teile ihres Herrschaftsgebietes immer wieder verloren gingen, blieb die Gegend um Altencelle ihr ständiger Besitz. Und ganz nebenbei konnte man den Handel auf der Aller und den Pilgerweg über die Allerfurt kontrollieren und Zölle eintreiben.
Das Ende des Hauses kam mit dem letzten Brunonen Ekbert II. Dieser schloss sich zunächst einem Aufstand sächsischer Adeliger gegen Kaiser Heinrich IV. an. Heinrich zog daraufhin mit seinem Heer gegen Ekbert II. und nötigte ihn, sich ihm wieder zu unterwerfen. Doch kaum hatte Heinrich sich zurückgezogen, schloss Ekbert II. sich einem Gegenkönig an. Dafür wurde Ekbert II. von den anderen Fürsten des Reiches geächtet. Er musste nun seinen Stolz runterschlucken und bei Heinrich IV. um Gnade flehen, die dieser ihm auch gewährte. Doch kaum rehabilitiert, sah Ekbert II. erneut seine Chance in einer Verschwörung gegen den König. Dieser ächtete ihn erneut und nahm ihm noch dazu alle Besitzungen – auch die Burg bei Altencelle. Nun, da es jedermanns Pflicht im Reich war, Ekbert II. zu schaden, wo man nur konnte, kehrte dieser in seine Heimatregion zwischen Hildesheim und der Aller zurück. In wilden Fehden machte er das Gebiet unsicher. Doch nur ein Jahr später erschlugen ihn mehrere Männer in einer Mühle. Ob es Männer Kaiser Heinrichs IV. waren oder sogar seine eigenen Anhänger, wissen wir nicht.

Mit dem Tod Ekberts II. stirbt das Haus der Brunonen in der männlichen Linie aus. Über die weibliche Linie fallen die Gebiete um Altencelle über die Jahre an die Welfen. So überstand Altencelle den Untergang des Hauses der Brunonen.

Museumssnack Brunonenburg