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21.02.2022

Museumssnack

Kaum wird irgendwo ein Lagerfeuer entzündet, sammelt sich eine kleine oder auch große Gruppe um dieses, genießt den flackernden Feuerschein, die Wärme, das Knistern. Es herrscht sofort eine stressfreie, entspannte Stimmung. Streitgespräche am Lagerfeuer sind selten. Es ist eher der Ort für Erinnerung, Anekdoten und Geschichten. Seit der Mensch das Feuer zu beherrschen gelernt hat, befindet es sich im Zentrum unseres Lebens und hat diese vergemeinschaftende Wirkung.

Bauernhaus Flett

Es kann daher auch nicht wundern, dass in der Mitte des Fletts, in der Mitte des Bauernhauses, sich die Feuerstelle befindet. Sie war in diesen Hallenhäusern die einzige Licht- und Wärmequelle. Und auch wenn sie das Haus um maximal 4-6 Grad Celsius über Außentemperatur erwärmte, war sie auch stets der Ort der Zusammenkunft für die bäuerliche Hausgemeinschaft. Hier kochte die Bäuerin in einem großen Kessel, der an einem eisernen Kesselhaken über dem offenen Feuer hing, für die Familie und das Gesinde. Und hier aßen alle gemeinsam an einem Tisch.

Diese wichtige Bedeutung des Feuers und der Feuerstelle verleitete bereits antike Autoren dazu, in ihnen den Grund und den Mittelpunkt menschlicher Siedlungen und Gebäude zu sehen. Und auch Wilhelm Bomann mutmaßte, dass die ersten Bauernhäuser wohl als Schutz der Feuerstelle entstanden und anschließend immer weiter um dieses Zentrum gewachsen sein könnten. Belegen oder beweisen lässt sich das bei allen Indizien allerdings nicht. Dennoch maß man die Anzahl der Höfe in der Heide an der Anzahl von Feuerstellen und Grenzen in Relation zum Mittelpunkt der Feuerstellen, den wiederum der Kesselhaken darstellte.

Und dies waren nicht die einzigen sozialen oder rechtlichen Bräuche, die mit der Feuerstelle verbunden waren. Auch daran erkennt man die hohe Bedeutung des Feuers für die Menschen. So hatte der Verlobte seine zukünftige Braut unter den Blicken der Verwandtschaft dreimal um die Feuerstelle zu tragen, um die Verlobung offiziell zu machen. Einen Brauch, den es auch in anderen Kulturen der Welt gibt. Um als Bäuerin oder Bauer das Haus in Besitz zu nehmen, musste man den Kesselhaken verstellen. Und auf dem Feuerbock hatte ständig neues Brennholz zum Trocknen zu liegen, damit sich nicht die armen Seelen auf ihm niederließen und das Bauernhaus heimsuchten.

Besonders das letzte Ritual macht deutlich, wie wichtig es war, ein Feuer nicht ausgehen zu lassen. Denn es zu entzünden war vor der Erfindung von Feuerzeug und Streichholz nicht einfach. Die Menschen nutzten das Feuer über eine Million Jahre, ohne zu wissen, wie man es entfachte. Man war auf Blitzeinschläge und Waldbrände angewiesen. Und auch danach musste man es meist umständlich durch Bohren oder Schlagen entzünden. Dies bedeutet aber auch, dass sich menschliche Gruppen neu organisieren mussten, um das Feuer zu beherrschen und zu pflegen. Hierarchien, Gebote und Aufgabenteilungen mussten entwickelt werden. Gruppen von Menschen sahen anders aus und funktionierten anders, bevor man das Feuer beherrschen konnte.

Das man sich diese Mühe überhaupt machte, lag eben an den vielen Vorteilen, wie Wärme, Licht, besser zu verdauende Nahrung, Schutz vor wilden Tieren, Vergemeinschaftung. Sie bewogen die Menschen, die jeder Zeit präsente Gewalt und Gefahr des Feuers auszublenden. Ging man mit ihm unvorsichtig oder unvernünftig vor, konnte es seine enorm zerstörerische Wirkung auf die hölzernen Bauernhäuser oder auch Fachwerkhäuser in Städten wie Celle entwickeln. In den Bauernhäusern konnte man die Feuerstelle durch ein Fenster zum Schlafzimmer von Bauer und Bäuerin stets im Auge behalten. Die Glut wurde allabendlich mit dem Feuerstülper abgedeckt, damit Tiere, die die Wärme der Glut suchten, nicht versehentlich einen Brand auslösten. Daneben barg Feuer jedoch noch weitere Gefahren. Der Rauch der Feuerstelle zog in die Halle des Hauses ab, was zu einer schlechten Luftqualität sorgte. Zum Teil mussten die Seitentüren des Fletts geöffnet werden, damit der Rauch abzog, da man kaum noch etwas sah.

Heute scheinen die Gefahren in der Abwägung stärker zu wiegen. Das Feuer verschwindet zusehends aus unserem Alltag. Zwar weisen offene Küchen noch immer meist eine Feuerstelle im Zentrum auf – die Kochinsel. Aber längst wird hier nicht mehr über offenem Feuer gekocht. Kerzen werden immer häufiger durch LEDs ersetzt, um etwa den Weihnachtsbaum nicht in Brand zu stecken. Auch beim Heizen und bei der Fortbewegung wird immer weniger auf die Kraft des Verbrennens gesetzt, um schädliche Treibhausgase zu verhindern. Und so geht auch langsam das Wissen verloren, wie man das Feuer beherrscht: Wer hat zuletzt ein Lagerfeuer entzündet und weiß aus dem Stehgreif, wie man es entfacht?