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29.04.2021

Museumssnack

Wie bestatten wir unsere Toten? Das ist eine sehr persönliche Frage, auf die es heute viele verschiedene Antwortmöglichkeiten gibt: Bestattung im Sarg, Verbrennen, die Asche verstreuen, auf einem Friedhof oder in einem Friedwald beerdigen lassen. Die Wahl, die wir treffen, sagt meist viel darüber aus, was für ein Mensch wir sind und was wie erlebt haben. Leben und Kultur prägen unser gewünschtes Bestattungsritual. 

Wie bestatten wir unsere Toten?

Dies gilt natürlich nicht nur für moderne Menschen, sondern auch bereits für unsere Vorfahren. Und so können Wissenschaftler anhand von Gräbern nicht nur Bestattungsrituale, sondern über diese auch ganze Kulturen rekonstruieren. Das ist besonders dort von Bedeutung, wo andere Hinterlassenschaften und Zeugnisse fehlen. So etwa der Fall bei der Besiedlung des Celler Raums in der Ur- und Frühgeschichte vor 2.500 bis 12.000 Jahren.

In unserer Ausstellung zur Ur- und Frühgeschichte könne mehrere Urnen vor allem aus der Zeit des Übergangs von der Bronze- zur Eisenzeit bestaunt werden. Wie heute auch dienten sie der Beisetzung der Asche Verstorbener. Recht wuchtig in ihrer Größe weisen sie doch eher wenig Verzierungen auf. Und dennoch lässt sich an dem Wenigen erkennen, dass die Menschen im Raum Celle vor etwa 2.500 bis 3.000 intensive und weitläufige Kontakte in Richtung Norden und Süden unterhielten. Außerdem fand man heraus, dass nicht wenige der Verstorbenen in einem Baumsarg verbrannt wurden und damit eine Mischform mit einer älteren, dominanten Form der Beisetzung entstand.

Wie bestatten wir unsere Toten?

Denn aus der Bronzezeit finden sich im Raum Celle und im Bereich der Lüneburger Gruppe zumeist Hügelgräber, die zur Bestattung einer einzelnen Person dienten und mit reichlich Grabbeigaben gefüllt waren. Diese Form der Beisetzung war typisch für die Menschen der sogenannten Lüneburger Gruppe. Sie war die in der Bronzezeit prägende Menschengruppe in der Region und sollte sie in besonderer Weise prägen.

Wie bestatten wir unsere Toten?

Der Landkreis Celle war während der Eiszeit zumeist von Eis bedeckt und daher unbewohnbar. Erst vor etwa 100.000 Jahren wurde das Gebiet überhaupt bewohnbar für Tiere. Ihnen folgten vermutlich bald die ersten nomadisch lebenden Jäger und Sammler, die sich jedoch im Winter wieder weiter nach Süden zurückzogen. Erst mit eintretendem freundlicherem Klima und einer Mischlandschaft aus Wäldern, Wiesen und Auen ließen sich die ersten Menschen vor etwa 12.000 Jahren in der Region dauerhaft nieder. Auch diese Menschen können noch als Jäger und Sammler bezeichnet werden, da sie sich zumeist an Flüssen und Bächen niederließen und keine Landwirtschaft betrieben.

Das Fehlen von Landwirtschaft kann kaum wundern. Denn diese entwickelte sich erst vor etwa 10.000 Jahren unter anderem in Westasien – dem fruchtbaren Halbmond. Und anhand des Nutzviehs früher Bauern und Bäuerinnen kann man nachweisen, dass sie sich anschließend nur Stück für Stück von dort in Richtung Norden nach Europa ausbreiteten. Daher begegneten sich im Raum Celle vermutlich erst in der mittlere und späten Jungsteinzeit Gruppen, die Landwirtschaft auf fruchtbaren Böden betrieben und Gruppen die weiterhin wie in der Mittelsteinzeit als Jäger und Sammler agierten.

Mit der Zeit vermischten sich aber diese beiden Gruppen und bildeten die bereits erwähnte Lüneburger Gruppe. Diese Menschen lebten auf Gehöften oder in kleinen Dörfern, die sie in Talauen an Gewässern anlegten. In der Nähe ihrer Siedlungen ließen sich Spuren der Bearbeitung von Äckern nachweisen. Ihre Kleidung bestand aus Schafswolle. Sie betrieben also Landwirtschaft und Viehzucht. Sie sind damit hauptverantwortlich für die Entstehung der Lüneburger Heide. Denn diese ist eine Kulturlandschaft, die durch Viehzucht auf wenig fruchtbaren Böden entsteht. 

Wie bestatten wir unsere Toten?

Wie in der Jungsteinzeit nutzen sie auch noch immer Werkzeuge aus Stein. Darüber hinaus fertigten sie aber als geschickte Handwerker grobe Keramiken und bronzenen Schmuck. Aber sie importierten beides wohl auch von anderen – zum Teil weit entfernten – Gruppen. Sie waren also gut vernetzte Händler. Diese hochwertigen Stücke finden sich jedoch in unterschiedlicher Menge in den Gräbern jener Zeit. Vermutlich zeugte ihr Besitz von einer hohen sozialen Stellung einzelner Personen. Die Lüneburger Gruppe war also eine hierarchische Gruppe, die vermutlich über eine Art weibliche und männliche Häuptlinge verfügte.

Und nicht zuletzt zeugen die Hügelgräber dieser Menschen von ihrem religiösen Glauben. Die Tatsache, dass man den Toten überhaupt Grabbeigabe in die Grabstätten legte, zeigt, dass sie an ein Leben nach dem Tod glaubten. Einige Beigaben scheinen sogar Opfergaben gewesen zu sein. Es müssen also auch Gottheiten in ihrem Glauben eine Rolle gespielt haben. Gab es auch Priester und Priesterinne als Mittler zwischen Menschen und Göttern? Vermutlich ja. Man vermutet, dass das Ritual des Totenhauses nur Priesterinnen zuteilwurde. Dabei wurden Pfahlhäuser errichtet, die zu allen Seiten offenstanden und in denen die Baumsärge aufgebahrt wurden. Anschließend wurden die Häuser samt Särge verbrannt und die Überreste unter Hügeln aus Stein oder Erde vergraben. Doch genau weiß man es nicht.

Wie bestatten wir unsere Toten?

Im Laufe der Eisenzeit scheinen die Menschen den Raum Celle mehr und mehr verlassen zu haben. Ob dies aber wirklich geschah und warum, ist nicht geklärt.

Und heute? Was werden Forscher der Zukunft wohl für Schlüsse aus unseren Bestattungsritualen ziehen? Was werden sie anhand dessen über unsere Zeit, unser Leben und unsere Kultur denken? Lassen sich die Grundzüge unserer Gesellschaft und sozialen Struktur an ihnen erkennen?